Neandertal

Menschheitserbe im Niederbergischen

Neanderthal Museum
Der Erforschung und Darstellung der Ur- und Frühgeschichte der Menschheit widmet sich das Neanderthal Museum in Mettmann. Etwa 170.000 Besucher zählt das Museum jährlich.

Einer der phantastischsten und rätselhaftesten Orte der Menschheitsgeschichte liegt gleich um die Ecke von der Klingenstadt Solingen aus gesehen: Das Neandertal, in dem Knochen des Eiszeitmenschen gefunden wurden. Im schönen, unter Naturschutz stehenden Tal der Düssel liegt aber nicht nur der Fundort, sondern dort forschen Wissenschaftler auch nach unseren Ursprüngen. Und sie wissen heute: Der Neandertal ist doch nicht ganz ausgestorben. Er lebt in uns weiter – in unserer DNA.

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Das Museum im Neandertal widmet sich seit seiner Eröffnung im neuen Haus an der Mettmanner Talstraße im Jahr 1996 der Erforschung der Menschheitsgeschichte. Das Team des Hauses ist an internationalen Ausgrabungen beteiligt, und es betreut mit NESPOS die größte Datenbank zur Archäologie der Eiszeit weltweit. Wissenschaftler in allen Ländern können mit Knochen- und Werkzeugfunden arbeiten, die hochauflösend eingescannt in der Datenbank zur Verfügung gestellt werden.

Übrigens: In der heutigen Schreibweise „Neandertal“ taucht seit der Rechtschreibreform 1901 das zuvor übliche Dehnungs-h nicht mehr auf. Das Neanderthal Museum hat es wieder zum Leben erweckt. Das Team des Hauses lehnt sich damit an den wissenschaftlichen Namen des Eiszeitmenschen „Homo neanderthalensis“ an. Es verweist damit auf seine wissenschaftliche Arbeit.

„Neandertaler“ begutachten Fundstücke

Neandertal: die Düssel
Die Düssel im Neandertal nahe des „Gesteins“, wo 1856 Kalkarbeiter die Knochenreste eines Neandertalers fanden. Der 40 km lange Fluss entspringt in Wülfrath an der Stadtgrenze zu Velbert-Neviges und mündet in Düsseldorf an vier Stellen in den Rhein.

Das Neanderthal Museum (die Wissenschaftler verwenden die historische Schreibweise des Neandertals mit Dehnungs-h als Marke) bietet seit einigen Jahren Laien den Service an, Fundstücke fachlich zu begutachten und festzustellen, ob sie archäologischen Wert haben. So wollen die Wissenschaftler ein lokales Netzwerk im Kreis Mettmann und der angrenzenden Region aufbauen, von dem sie sich die Mitarbeit von Laien und dadurch möglichst neue Erkenntnisse erhoffen. Dabei müssen die zu begutachtenden Stücke natürlich nich allein aus dem Neandertal kommen.

1856 schaufelten Arbeiter Schutt aus der Feldhofer Grotte im Neandertal. Die junge, emporstrebende Schwerindustrie des Ruhrgebietes hungerte nach Kalk, der für die Stahlproduktion gebraucht wurde. Das “Gesteins”, eine tiefe, romantische Schlucht, in die sich die Düssel tief hineingefräst hat und die die Mitglieder der Düsseldorfer Malerschule so lieben, ist aus Kalkstein. Es wird abgebaut, um den Hunger nach Rohstoff zu stillen und verschwindet in den Hochöfen.

Der Fundort verschwand in Hochöfen

Neandertal: nachgestellte Jagdszene im Museum
Die nachgestellte Szene eines eiszeitlichen Jägers und Sammlers gehört zur Dauerausstellung des Neanderthal Museums.

In dem Abraum der Feldhofer Grotte entdecken die Arbeiter Knochen, denen sie keinen besonderen Wert bemessen. Doch der Wuppertaler Oberrealschullehrer und Professor Johann Carl Fuhlrott erkennt, was da in der einsamen Höhle im Neandertal gelegen hatte: Es waren die Überreste eines Menschen aus der Eiszeit. Er wird benannt nach seinem Fundort und trägt den Namen des Neandertals zwischen den kleinen Städten Erkrath und Mettmann in die Welt.

Der Fundort, die Feldhofer Grotte, ging für immer verloren. Das heutige Gelände des Neandertals liegt 20 bis 30 m unter dem usprünglichen Niveau. 1997 und 2000 fanden dann Ausgrabungen statt, die neue Knochenfunde zu tage förderten, die zu den Funden von 1856 passten. Künftig sind weitere Grabungen möglich. In der Folge wurde die Fundstelle neu hergerichtet und Besuchern des Neanderthal Museums zugänglich gemacht. Cornelia Müller und Jan Wehberg, Lützow 7, setzten sich mit ihrem Konzept zur Gestaltung der Fundstelle in einem internationalen Wettbewerb durch. Sie inszenierten einen sehenswerten archäologischen Garten, der den Ort Neandertal erfahrbar macht.

Der Neandertaler ist dem modernen Menschen nah

Der Keulenmann im Neandertal:
Der Keulenmann: So stellte man sich noch Mitte des vorigen Jahrhunderts den Eiszeitmenschen vor.

Mit ihrer Arbeit wollen die Wissenschaftler nicht nur forschen und ihre Ergebnisse einem breiten Publikum präsentieren, sondern auch den Ruf des Neandertalers verbessern. Sie wollen beweisen, dass ihr im Neandertal erstmals entdeckter Schützling kein tumber Geselle war, sondern in einem entwickelten Sozialsystem lebte, Werkzeuge herstellen und nutzen konnte und für das Leben im eiszeitlichen Europa  gut gerüstet war. Und hätte er einen Anzug an und würde durch die Straßen von New York oder Berlin schlendern – er würde uns gar nicht auffallen. Der Neandertaler – ein Mensch wie du und ich.

Dies wird deutlich anhand einer wissenschaftlich begründeten Rekonstruktion des Neandertalers auf Basis der Funde von 1856. Im Foyer des Museums steht ein lebensgroßes Modell des Neandertalers, das dies anschaulich macht.

In dem alten Gebäude, in dem das Museum im Neandertal am Ufer der Düssel gegründet worden war, ist heute eine “Steinzeitwerkstatt” unter Regie des Museums eingerichtet. Kinder und Erwachsene können dort die Steinzeit ganz sinnlich erfahren: Messer aus Feuerstein basteln, Pfeile und Bögen herstellen, Schmuck aus Muschel, Knochen, Steinen und Tierhäuten herstellen. Wie es der Neandertaler und der moderne Mensch in der grauen Vorzeit taten.

Reizvolles Neandertal

Rekonstruktion: moderner Neandertaler
Eine moderne Rekonstruktion des Eiszeitmenschen nach wissenschaftlichen Erkenntnissen und mit Hilfe kriminalistischer Techniken. Ausgangspunkt der Rekonstruktion waren die Knochenfunde aus dem Neandertal.

Das Neandertal ist ein Ensemble der Vergangenheit. Neben der Fundstelle, dem Neanderthal Museum und der Steinzeitwerkstatt gibt es ein eiszeitliches Wildgehege. In dem werden Auerochsen, Wisente und Tarpane gezüchtet werden. Wenn Spaziergänger und Wanderer etwas Glück haben, bekommen sie im Neandertal diese Tiere aus der Vergangenheit zu Gesicht. Und auf einem Kunstweg, geschaffen von Kunstschaffenden im 21. Jahrhundert, gibt ihnen ein Eindruck davon, wie der Mensch in der Natur seine Spuren hinterlässt.

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Neandertal: Menschenspuren
Elf freischaffende Künstler haben mit Unterstützung des Neanderthal Museums und des Kreises Mettmann einen Kunstpfad „Menschenspuren“ angelegt. Er führt Besucher durch den Wald in der Nähe des Museums links und rechts der Düssel und hat die Spannung zwischen Mensch und Natur zum Thema. „The Man Who Never Ceased To Grow“ stammt von Zadok Ben-David.