Die Schwebebahn

Über dem Fluss durch Wuppertal

Schwebebahn Generation 15
Ein Wagen der neuesten Generation rollt in die Station Zoo / Stadion

Die ersten neuen Wagen der Wuppertaler Schwebebahn sind da. Nach jahrelanger Vorbereitung, der Auftrag für eine Designstudie wurde 2010 erteilt, rollen seit 18. Dezember 2016 die himmelblauen Schwebebahnwagen im Regelbetrieb durch Wuppertal. Die Modernisierung der Schwebebahn hatte 1995 mit der Erneuerung des Gerüsts begonnen.

Die Schwebebahn hatte eine über 100-jährige Geschichte. Das Verkehrssystem ging 1901 in Betrieb. In Solingens  Nachbarstadt windet sich der bergische Fluss durchs enge Tal. Mit dem zunehmenden Verkehr im 19. Jahrhundert wird der geringe Platz links und rechts der Wupper zum Problem: Wie sollten die Arbeiter mit modernen Verkehrsmitteln in ihre Fabrik, an ihren Arbeitsplatz kommen?

Der Bau der Schwebebahn war die Lösung und bescherte dem bergischen Städtdreieck mit Wuppertal, Solingen und Remscheid eine weltweit einmalige Attraktion: Die heute noch längste Einschienenhängebahn der Welt im Regelbetrieb und mit den meisten täglich beförderten Passagieren.

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Das Tal der Wupper zwischen zwischen den beiden heutigen Wuppertaler Stadtteilen Elberfeld und Barmen ist eng und dicht bebaut. Der Fluss fließt in teilweise engen Windungen seines Bettes durch die Stadt. Ende des 19. Jahrhunderts standen die Stadtväter von Barmen, Elberfeld und Vohwinkel vor der entscheidenden Frage, wie sie den annähernd 400.000 Einwohnern in ihrem alten, gewachsenen Industriegebiet Mobilität ermöglichen sollten. Die damals existierenden Wege waren noch für Fußgänger und Kutschen gebaut, und sie genügten nicht mehr den Ansprüchen der Mobilität einer industrialisierten Stadt.

Schwebebahn: Einstieg
Einsteigen in der Endstation Vohwinkel. Von hier fährt die Bahn durch die gesamte Stadt bis Oberbarmen.

Das Ergebnis der Überlegungen ist so einzigartig wie heute, über 100 Jahre später, immer noch zukunftsträchtig: die Wuppertaler Schwebebahn. Das in seiner Art weltweit einzigartige Verkehrssystem wird Anfang des 21. Jahrhunderts modernisiert und fit gemacht für die kommenden Jahrzehnte. Eine Generationenaufgabe heute wie damals.

Schwebebahn: Alternative zu Straßenbahn und U-Bahn

Schwebebahn: Kaiserplatz
Die Bahn kreuzt den Kaiserplatz

Straßenbahnen schieden wegen Platzmangels aus, eine U-Bahn ebenfalls wegen des felsigen Untergrunds und des hohen Grundwasserspiegels. Auch eine Hochbahn, wie sie 1867 in New York, 1888 in Chicago in Betrieb ging und um die Jahrhundertwende in Berlin geplant wurde, war bei näheren Überlegungen für die Städte an der Wupper mit ihren Färbern und Bandwirkern nicht sinnvoll. Aufgeständert über der Wupper hätte ein solche Hochbahn dem Flusslauf folgend viele enge Kurven gehabt, welche die Züge nur langsam hätten durchfahren können.

Schwebebahn: Kaiserstraße
In Vohwinkel schweben die Wagen über der Fahrbahn der Kaiserstraße. Ab Zoo schwebt sie über der Wupper.

Hängende Waggons dagegen können enge Kurven praktisch ungebremst durchfahren, da sie sich der Fliehkraft folgend in die Kurven legen. Sie verfügen gewissermaßen konstruktionsbedingt über eine Neigetechnik, die bei Eisenbahnen erst in der späten zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts mit hohem technischen Aufwand entwickelt wurde, um schnelle Kurvenfahrten der Züge zu ermöglichen. Das Aufständern des Gleiskörpers hat zudem den Vorteil, dass die Konstruktion mit weniger Aufwand dem Geländeverlauf angepasst werden als ein Bahndamm.

Vorläufer in England und Köln

Schwebebahn: Bahnhof Kluse
Einfahrt in den Bahnhof Kluse, der erst 1999 in Betrieb genommen wurde

Einen Vorläufer der Bahn hatte der Industrielle und Politiker Friedrich Harkort 1826 an der Kasinostraße aufgestellt. Entwickelt hatte die Konstruktion der Engländer Henry Robinson Palmer. 1824 hatte er die Konstruktion vorgestellt, bei der kleine Transportbehälter von Pferden gezogen wurden.

Die Idee, eine Schwebebahn für den Gütertransport von der Ruhr bis an die Wupper zu bauen, wurde nicht verwirklicht. Die eigentliche Wuppertaler Schwebebahn entwickelte der Ingenieur Eugen Langen nach 1880 in Köln. Auch er dachte ursprünglich nur an den Transport von Gütern. 1894 entschieden die Stadtparlamente Elberfeld und Barmen für den Bau der Schwebebahn nach dem System Langen. Im folgenden Jahr schloss die Gemeinde Vohwinkel mit dem Hersteller, der Elektrizitäts Aktiengesellschaft vormals Schnuckert & Co., einen Vertrag über die Verlängerung der Linie bis nach Vohwinkel.

Kaiser Wilhelm II. erprobt die Schwebebahn

Schwebebahn: Wendepunkt Vohwinkel
In der Endstation Vohwinkel wendet die Bahn auf engstem Raum. Früher musste sie zum Wenden durch die Wartungshalle fahren.

Für Bau und Betrieb der Bahn gründeten Eugen Langen, die E.A. Vorm. Schnuckert & Co. Und van der Zypen & Charlier ein Schwebebahnkonsortium. 1998 begannen vier Firmen mit dem Bau. Offiziell in Betrieb genommen wurden die Bahn – es war die erste Hochbahn in Deutschland – am 1. März 1901 auf dem Abschnitt Zoologischer Garten – Kluse. Im selben Jahr folgte der Abschnitt Zoo – Vohwinkel, 1903 die Strecke Kluse – Rittershausen.

Die Streckenlänge beträgt 13,3 Kilometer. Die Baukosten beliefen sich auf rund 16 Millionen Goldmark. Noch während des Baus am 24. Oktober 1900 unternahmen Kaiser Wilhelm II. und seine Frau Viktoria eine Probefahrt von Döppersberg nach Vohwinkel. Der Wagen Nr.5, den die Majestäten damals bestiegen haben, blieb erhalten. Er wurde restauriert und kann für Gesellschaftsfahrten, Hochzeiten u.ä. gebucht werden. Die Wuppertaler Schwebebahn steht seit 26. Mai 1997 unter Denkmalschutz.

Die Schwebebahn befördert 25 Millionen Fahrgäste pro Jahr

Schwebebahn: Passage Werksgelände Bayer
Fahrt durch die Werksanlagen von Bayer

Das hohe Passagieraufkommen machte bereits kurz nach der Eröffnung die Verkürzung des Taktes von ursprünglich zehn auf fünf Minuten notwendig. Heute befördert die Schwebebahn fast 25 Millionen Fahrgäste jährlich, 87.000 pro Werktag. Montags bis freitags fährt sie in der Regel alle drei bis vier Minuten. Nach dem Ersten Weltkrieg lagen die Vohwinkler Stationen im französisch besetzten Gebiet, so dass die Fahrgäste Ein- und Ausreisekontrollen über sich ergehen lassen mussten. Im Zweiten Weltkrieg wurde die Bahn schwer beschädigt. Die Strecken wurden 1945 und 1946 wieder aufgebaut und in Betrieb genommen.

Schwebebahn: über dem renaturierten Fluss
Die Bahn in Oberbarmen über dem renaturierten Bett der Wupper

1995/96 begann ein Erneuerungsprojekt des Fahrwegs. Das Traggerüst wurde in weiten Teilen erneuert und Haltestellen wurden umgebaut. Die Erneuerung der Stationen soll 2013 abgeschlossen werden.

2010 vergaben die Wuppertaler Stadtwerke (WSW) einen Auftrag für den Bau einer neuen Generation Schwebebahnwagen an den Hersteller Vossloh Kiepe. Damit werden die mehr als 40 Jahre alten Wagen ersetzt, die derzeit in Betrieb sind. Der Düsseldorfer Konzern lässt die Wagen im spanischen Valencia fertigen. Die Firma Alstom zeichnet verantwortlich für das neue Betriebssystem, das eine Verkürzung des Taktes auf zwei Minuten ermöglicht.

Neues Betriebssystem vom TGV und ICE

Schwebebahn: Wendepunkt Oberbarmen
Wendemanöver in Oberbarmen, wo 2013 eine neue Fahrzeughalle gebaut wurde.

Das System kommt auch beim französischen Hochgeschwindigkeitszug TGV und beim deutschen ICE zum Einsatz und ist eine innovative Zugsicherungstechnik, basierend auf dem europäisch genormten ETCS-Standard (European Train Control System). Der erste neue Zug soll 2014 ausgeliefert werden, der letzte 2015. Die WSW veranschlagen für 31 Wagen Kosten in Höhe von 122 Millionen Euro.

Der Bau der neuen Fahrzeuge ist eine europäische Aufgabe. Der Wagenkasten wird geplant von den Konstrukteuren der Magnetschwebebahn Transrapid, die nach dem Aus ihres Hochtechnologieprojektes in München unter dem Dach der Firma Prose arbeiten. Die Drehgestelle des Fahrwerks werden in der Schweiz konstruiert, der Antrieb in Österreich.

Neue Wagen: schneller, leichter, sparsamer

Schwebebahn: am Döppersberg
Fahrt über der Wupper zwischen Ohligsmühle/Stadthalle und Döppersberg/Hauptbahnhof

Die neuen Fahrzeuge sollen mehr Komfort bieten, schneller sein als die bisherigen und außerdem sparsamer. Das wird erreicht durch Leichtbauweise mit Verbundwerkstoffen und Rückspeisung von Energie beim Bremsen ins Netz. Für jeden neuen Wagen wird wegen der begrenzten Traglast des Gerüstes ein altes Fahrzeug abgehängt. Sind die für den Regelbetrieb benötigten 18 Wagen ausgeliefert, wird das ETCS voll in Betrieb genommen. Bei diesem Zugsicherungssystem teilen alle Fahrzeuge ihre jeweilige Position dem zentralen Betriebssystem mit. Es ermöglicht die Zusammenlegung der bisher separaten Leitstände für die Wuppertaler Autobusse und die Schwebebahn.

Schwebebahnfans können die alten Wagen bei den WSW übrigens erwerben – vielleicht gibt so ein Schwebekasten ja ein schmuckes Gartenhaus…

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