Clemens Galerien

Trauerspiel um die City Solingen

Clemens Galerien im Aus

Das Trauerspiel um Clemensgalerien und die „Einkaufsmeile“ Hauptstraße in der City Solingen geht weiter. Dem aktuellen Projektentwickler der Galerien, Jochen Stahl, ist es im vergangenen Jahr nicht gelungen, die kleine Shopping Mall wieder mit Leben zu füllen. Zwar trägt sein Vorgänger, der ein Outlet Center eröffnen wollte und, ohne dass die künftigen Mieter feststanden, den eingemieteten Geschäftsleuten bis auf wenige Ausnahmen gekündigt hat, ein gehöriges Maß Schuld am Leestand. Dennoch werfen die Probleme der Galerien ein bezeichnendes Licht auf die Lage des Solinger Einzelhandels.
Gallery>>>Solingens City verödet>>>






O-Quartier: neu gedacht

Olbo
Noch immer verunstalten Schuttberge den Stadtteil Ohligs. Stadt und ein neuer Investor haben die Pläne eines großen Einkaufszentrums ad acta gelegt.

Am anderen Ende der Stadt, in Ohligs, werden die Pläne für ein Einkaufszentrum auf dem ehemaligen Olbo-Gelände umgekrempelt. Dr. Jeannine Gräfin von Thun und Hohenstein Veit ist nach dem Kauf des Geländes 2007 mit ihrem geplanten O-Quartier, einem großen Einkaufszentrum im Herzen des Stadtteils, gescheitert. Im Ergebnis liegen noch heute die Schuttberge und Ruinen der aufgegebenen Fabrik auf dem Grundstück und verschandeln das Stadtbild. Stadtverwaltung und Politik sahen 2016 endlich ein, dass das O-Quartier ein Luftschloss ist, und verringerten die auf dem Areal baurechtlich zulässige Fläche für den Einzelhandel. Der neue Investor, die deutsch-niederländische Holding Kondor Wessels, setzt ihren Schwerpunkt nun auf Wohnungen. Und stark reduzierten Einzelhandel.

Die bequemen Zeiten sind vorbei

Damit wird in Ohligs eine Konsequenz gezogen, zu der man sich in der Solinger Innenstadt noch nicht durchgerungen hat. Dort hat man immer noch de Hoffnung, die Clemensgalerien wiederzubeleben. Und auch so manche Immobilieneigentümer vor allem an der unteren Hauptstraße und am Entenpfuhl haben noch nicht begriffen, dass die alten Zeiten vorbei sind, in denen der Handel in der City brummte. Zahlreiche Geschäfte stehen leer, nicht wenige seit Jahren. Im Bachtorzentrum – schon zu Bauzeiten eine hoffnungslose Fehlinvestition – herrscht gähnende Leere.




Untere Hauptstraße
Die untere Hauptstraße verödet. Die Geschäfte werden nicht wiederkommen.

Amazon & Co. saugen die Kaufkraft aus unseren Innenstädten heraus. Diese Entwicklung wird sich nicht zurückdrehen lassen. Gemeinsame Internet-Plattformen des örtlichen Handels wie in Wuppertal gestartet und auch in Solingen geplant werden an der Verschiebung des Marktes raus aus den Innenstädten, hinein in Logistikzentren am Stadtrand nichts ändern. Internethandel ist für die Geschäftsleute ein Muss, um ihren Anteil am Kuchen zu verteidigen. Allerdings werden sie mit der Ausweitung ihres Geschäfts auf Internetplattformen dauerhaft nicht mit den Riesen der Branche mithalten können.

Wohn- und Erlebnisraum City Solingen

Als Folge wird erstens Wohnen in unseren Innenstädten zunehmen. Geschäfträume werden nicht mehr die von den Eigentümern erwarteten gewerblichen Einnahmen abwerfen. Die Nutzung wird geändert werden müssen – so wie in den sechziger und siebziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts in den Großstädten wie Berlin Tante-Emma-Ladenlokale vielfach in billigen Wohnraum umgewandelt wurden. Die Entscheidung, anstelle eines großen Einkaufszentrums O-Quartier verstärkt auf Wohnungen zu setzen, folgt dieser Logik, ist konsequent und richtig.

Das soll allerdings nicht heißen, dass Solingen-Mitte in ein Wohnquartier umgebaut werden muss. Handel und Gastronomie werden einen Platz behalten. Es liegt an ihnen, wie der aussehen wird.




Lumen
Das Lumen in den Clemens Galerien: letzter Anziehungspunkt.

Für die Geschäftswelt in den Stadtzentren und der City Solingen stellt sich schlicht die Frage: Was können sie den Menschen bieten, was Amazon und andere Größen des Internethandels nicht zu leisten vermögen? Eine richtige Antwort sind Veranstaltungen und verkaufsoffene Sonntage und Feiertage, Erlebnisabende und weitere Aktionen, die den Solingern – Singles, Partnern und Familien – Erlebnisbesuche in der Innenstadt ermöglichen. Bislang setzt der Landesgesetzgeber hier enge Grenzen, die bei allem Verständnis für die Mitarbeiter des Handels überdacht werden sollten.

Verkaufsoffene Sonntage bringen Leben

Zwölf offene Sonntage wünschten sich die Solinger Geschäftsleute für 2018, acht wird der Stadtrat voraussichtlich nach Gesprächsrunden mit den Beteiligten einschließlich Kirchen und Gewerkschaft genehmigen. Vier in Ohligs, zwei in Wald und je einer in Solingen-Mitte und Höhscheid. Diese Entscheidung kann vor den Verwaltungsgerichten überprüft werden. Die Gewerkschaft Verdi hat bereits angekündigt, sich eine gerichtliche Prüfung der Ratsentscheidung vorzubehalten. Vier weitere Anlässe – drei in Mitte, einer in Höhscheid – erfüllen nach Meinung des Solinger Ordnungsdezernenten Jan Welzel nicht die rechtlich erforderliche Voraussetzung: Die geplante Veranstaltung muss mehr Menschen in die Stadt locken als die parallel geöffneten Geschäfte.




Offene Sonntage bringen Leben in die Stadtzentren, ermöglichen Lebenspartnern und Familien gemeinsames Erleben und Einkaufen. Auch Gastronomen ist durch die erhöhte Besucherfrequenz geholfen. Betroffene Mitarbeiter der Gastronomen und des Handels, die an den verkaufsoffenen Sonntagen zusätzlich arbeiten müssen, sollten sich die Frage stellen, ob sie zur Sicherung ihrer Arbeitsplätze beitragen wollen. Der Wandel des Einzelhandels und der Innenstädte durch Digitalisierung und Globalisierung verlangt neue Ideen und Handlungen von allen Beteiligten. Wer verharrt, beschleunigt nur seinen Untergang – siehe Karstadt und einst marktbeherrschende Versandhäuser, welche die Digitalisierung und ihre Auswirkungen total unterschätzt und mit der Entwicklung nicht Schritt gehalten haben.

Outlet-Konzept ist tot

Urban Outlet
Das Urban Outlet ist tot.

Was die Clemens-Galerien angeht, darf man gespannt sein, mit welchen Ideen der aktuelle Projektentwickler um die Ecke kommt. Mit Billigheimern ist den Standort City Solingen nicht gedient. Das Urban Outlet-Konzept ist tot. Und die Galerien kranken daran, dass Anbieter bei der Fertigstellung des Hofgarten nach dort umgezogen sind. Die Hoffnungen haben sich nicht erfüllt, in ausreichendem Maße für Hofgarten und Clemens-Galerien neue Anbieter nach Solingen zu holen. Zudem leiden die Clemens-Galerien an einem baulichen Mangel: Es zieht fast überall. Kein Platz zum Verweilen bei bergischem Schmuddelwetter.

Die Kundenfrequenz erhöhen könnte – ein anziehendes Angebot in den Galerien vorausgesetzt – auch der Vorschlag, den Kraftverkehr auf der Kölner Straße zu reduzieren und Fußgängern mehr Platz einzuräumen. Verabschieden sollte man sich dagegen von der Vorstellung, aus der unteren Hauptstraße wieder eine funktionierende Einkaufsstraße zu machen. Dies ist ebanso ein Randbereich des Zentrums wie der Ufergarten und die Konrad-Adenauer-Straße. Vorschläge, auf der Hauptstraße wieder Kraftverkehr zuzulassen, sind dagegen kontraproduktiv. Blechlawinen in der Stadt stehen dem Ziel von Erlebnisgastronomie und -handel entgegen.