Segelflugplatz LSG Erbslöh

An der Heide steigen die Flieger auf

Segelflug: Wolkentürme
Die „PA“ gleitet an hohen Wolkentürmen vorbei

Zu einem den Highlights Solingens zählt ein kleiner Flugplatz ganz im Westen der Stadt. Die Start- und Landebahn liegt dicht hinter der Stadtgrenze zu Langenfeld auf dem Gebiet der Nachbarstadt – am Rande der Ohligser Heide nahe der Schwanenmühle. Hier ist die Heimat der Segelflieger der Luftsportgruppe Erbslöh Langenfeld. Dem 1950 in Leichlingen gegründeten Verein gehören rund 250 Mitglieder an, davon mehr als 100 aktive Piloten. Den größten Anteil vor Flugbegeisterten aus anderen Städten und Kreisen haben die Solinger.

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Dabei kommen die Mitglieder aber nicht nur aus Langenfeld und Solingen, sondern aus der ganzen Region bis nach Köln, Düsseldorf und Essen. Die LSG Erbslöh dürfte nach dem Zusammenschluss mit den Mitgliedern der LSG Kesselsweier Hilden der mitgliederstärkste Segelflugverein Nordrhein-Westfalens, wenn nicht ganz Deutschlands sein.

Segelflugzeuge
Segelflugzeuge warten auf den Start

Der Verein verfügt über eine stattliche Flotte von 14 Segelflugzeugen und zwei Motorflugzeugen. Zudem sind an dem kleinen Flugplatz, der sich im Eigentum des Vereins befindet, mehrere private Segelflugzeuge stationiert. Die meisten Flieger sind moderne, leistungsfähige Kunststoffflugzeuge aus Glas- und Kohlefaser-Verbundwerkstoffen. Aber in einem der beiden Hangars steht auch ein historisches Schulflugzeug SG38 (SG = Schulgleiter), auf dem Flugschüler früher ausgebildet wurden – vom ersten Flug an alleine auf der Maschine, im offenen Cockpit angeschnallt auf einem schmalen Holzbrett sitzend und den Kommandos des vom Boden aus brüllenden Fluglehrers folgend. Heute fliegen Flugschüler zu Beginn ihrer Fliegerlaufbahn nur zweisitzig mit Lehrer. Zwischen zehn und 15 neue Schüler nimmt der Verein jährlich neu auf. Die Ausbildung bis zur Fluglizenz dauert zwischen zwei und drei Jahren, so dass die Fluglehrer ständig etwa 40 Aspiranten betreuen.

kruk
Eine polnische Kruk fliegt den Flugplatz an und sprüht demonstrativ wie bei einem Einsatz in der Landwirtschaft – hier allerdings nur Wasser

Einmal im Jahr laden die Erbslöh-Flieger zu einem Großevent ein: ihrem Flugplatzfest, das immer am ersten September-Wochenende stattfindet. Tausende Gäste strömen dann auf das Gelände, um den Vorführungen historischer Doppeldecker zu folgen, die Kunstflieger zu bestaunen und Modellfliegern bei ihren nicht weniger akrobatischen Flugeinlagen zuzusehen. Wer möchte, kann einen Rundflug buchen oder auch sich mit einem Sprungmaster am Tandemfallschirm aus 4000 Meter Höhe in die Tiefe stürzen.

Gelegenheit zum Aufsteigen mit Segel- oder Motorflugzeug über das Bergische Land bietet sich aber auch an anderen Tagen während der von März bis Oktober währenden Flugsaison. Einfach Samstag, Sonntag oder an Feiertagen vorbeikommen und nach einer Mitfluggelegenheit fragen – und Zeit mitbringen.

Bitte einsteigen bei Erbslöh Air

Schulflugzeuge damals und heute: vorn ein SG38, hinten eine doppelsitzige ASK13

Was ist am Fliegen so toll? Segelflieger schwören auf ihren Sport, der wahrlich Suchtgefahr birgt. Wer ihr einmal verfallen ist, kommt selten wieder davon los. Vielleicht erklärt ein Flug selbst mehr:

Normalerweise habe ich vor einem Segelflug ja keine Schwierigkeiten, ins Cockpit des Flugzeugs zu steigen. Aber mit meinem Piloten Bernhard Braun zu einem Segelflug mit der ASH25 aufzubrechen und um den Sitz des Copiloten der “Papa Alpha” zu erreichen, muss ich schon turnen, so hoch wie der Flieger mit seinem großen Hauptrad am Start zum F-Schlepp thront. Als ich die hohe Cockpitwand aber erst einmal überwunden habe und mich in den Sitz hinein schmiege, mich anschnalle und mich vor dem Segelflug mit Steuerung und Instrumenten vertraut mache, da passt alles – fast jedenfalls. „Papa Alpha“, so heißt unser Flugzeug mit dem Wettbewerbskennzeichen „PA“ nach internationaler Vereinbarung im Flugfunk. Die Seitenruderpedale muss ich ganz zurückstellen – nicht weil ich so kurze Beinchen habe, sondern weil meine Schuhe nicht in den schmalen Raum links und rechts zwischen Pilotensitz und Bordwand passen. Wenn ich mit dem Flieger nochmal in die Luft gehe, brauche ich auf alle Fälle schmalere Schuhe.

Ein überraschendes Angebot

Segelflug: F-Schlepp
Die Schleppmaschine zieht uns in die Höhe der Thermik entgegen

Mein Pilot, Bernhard Braun, hatte mich am Morgen überrascht mit der Frage, ob ich in dem 26-Meter-Segler ASH25E mit zu einem Segelflug auf Strecke gehen will. Der hintere Sitz sei frei. Da habe ich nicht zweimal überlegt. Wir haben das Flugzeug von der Hallendecke geholt und aufgerüstet – Tragflächen und Winglets montiert, Navigationsgerät mit Movingmap, Flugplatz- und Luftraumdaten am Flarm angeschlossen und dann das Flugzeug mit dem Trecker zum F-Schlepp gezogen und als letztes in die Reihe der wartenden Segler eingereiht.

Segelflug: Instrumente
Das Cockpit des Copiloten

Nachdem ich mich auf meinem Co-Sitz eingerichtet habe, beobachte ich, wie die Schleppmaschine des Segelfliegervereins LSG Erbslöh Robin Remorquer “India Mike” ein Flugzeug nach dem anderen hochzieht und auf die Reise schickt. Da ich zuvor noch nie in diesem Flugzeug gesessen habe, wollte ich mit dem Einsteigen nicht bis kurz vor den Start zu unserem Segelflug warten. Jetzt schaue ich zu, wie Bernhard den anderen beim Start hilft.

Der Start – tief, aber schnell

Segelflug: Solingen von oben
Unter uns liegt die Solinger Innenstadt

Dann sind wir als Letzte an der Reihe. Zwar ist kein Flächenmann mehr da, aber Bernhard zerstreut meine Bedenken: Dank der Rollen unter den Flügelspitzen kann die “PA” im F-Schlepp mit abgelegter Fläche starten. Bernhard klinkt das Seil ein und steigt ins Cockpit. Anschnallen, Startcheck, wir schließen die Haube, Bernhard gibt dem Startleiter über Funk unsere Namen durch und dem Schlepppiloten, dass wir startklar sind. Die “IM” zieht das Seil stramm, gibt Vollgas.

Segelflug: Wuppertalsperre
Die markante Wuppertalsperre im Bergischen Land

Wir setzen uns in Bewegung, die abgelegte Fläche hebt sich nach nur wenigen Metern Rollstrecke. Wir werden schneller, die “PA” rumpelt über die Graspiste, springt über die Unebenheiten, hebt ab, setzt wieder auf, fliegt. Die Halbbahnreiter rasen vorbei, jetzt hebt auch die Schleppmaschine ab, das Ende der Startbahn kommt näher. Wir überqueren den Wanderweg am Ende der Piste, unter uns fliegen die Bäume des angrenzenden Waldes durch – viel näher, als ich es von meinen anderen Starts gewohnt bin. “Besser tief und schnell, als hoch und langsam”, kommentiert Bernhard den niedrigen Start zu unserem Segelflug. Fahrt heißt leben.

Abflug ins Sauerland

Segelflug: Pilot Bernhard
Pilot Bernhard Braun „erfühlt“ die Thermik

Die India Mike schleppt uns über die A3 Richtung Westen, das Vario zeigt plötzlich verstärktes Steigen, wir fliegen durch einen Bart. Kurz vor der Langenfelder Wasserski-Anlage in Berghausen klinkt Bernhard in 600 Metern Höhe aus. Jetzt beginnt unser Segelflug erst richtig. Doch hier geht, im Gegensatz zu sonst, nichts. Wir fliegen ein kurzes Stück zurück in Richtung des Barts, den wir beim Schlepp durchflogen haben. Der Pilot findet ihn nach kurzem Suchen, kreist ein, zentriert, es geht hoch auf gut 1000 Meter AMSL (About Mean Sea Level). Dann ist Bernhard mit den Steigwerten nicht mehr zufrieden und brummt vor sich hin, “mmh, dann fliegen wir mal ab.” Er nimmt zu unserem weiteren Segelflug Kurs Richtung Osten.

Segelflug: Kreisen in der Thermik
Gemeinsam kreisen die „PA“ und die „OG“ in der Thermik

Wir fliegen dicht in noch zulässigem 300-Meter-Abstand des Luftraums E unter der Basis. Vor uns 4/8 Cumulanten, wir springen von einer vielversprechenden Wolke zur nächsten. Und tatsächlich verlieren wir unter dem Strich bis hinter Remscheid keine Höhe. Erst an der Wuppertalsperre bei Hückeswagen kreisen wir das erste Mal wieder ein, schrauben uns dank der hier ansteigenden Basis auf 1500 Meter hoch. Dann geht unser Segelflug weiter Richtung Kerspe-Talsperre und Marienheide.

Mit 150 km/h geht’s voran

Segelflug: Vorflug im Verband
Gemeinsam gleiten die Papa Alpha und die Oscar Golf voran

Wir fliegen vor mit bis zu 150 km/h. Ich bin vom Gleitvermögen (1 : 60) der ASH25 beeindruckt. “Darüber sinkt sie dann doch stärker”, erklärt mein Pilot. In höheren Geschwindigkeitsbereichen seien neuere Flugzeuge wie der Arcus besser. Aber da brauche man auch die entsprechenden, thermisch starken Wetterlagen. Für die in unseren Breiten durchschnittlichen Wetterlagen sei die ASH immer noch eine gute Wahl. Bei Attendorn / Finnentrop und kurz darauf bei Schmallenberg hebt die Basis weiter an, steigen wir auf 1600 Meter.

Bei Finnentrop zeichnet sich in der Ferne das Pumpspeicherbecken an der Glingebachtalsperre ab. “Es dient als Stromspeicher”, erklärt Bernhard, und ergänzt: “Da geht immer was.” Er nimmt Kurs auf einen Fernsehturm in der Nähe. Den anzufliegen sei auf einem Segelflug eine gute Idee, denn solche Sender stehen auf den höchsten Erhebungen der Umgebung. Wenn sich Thermik ablöst, dann mit ziemlicher Sicherheit an den Gipfeln oder Graten solcher Berge. “Das ist wie in den Alpen”, erklärt Bernhard.

Leere Versprechungen – der Segelflugwird schwieriger

Segelflug: Übergang über den Rhein
Nördlich von Koblenz und Neuwied queren wir den Rhein in Richtung Eifel und Belgien

Doch wir finden den erhofften Bart nicht auf Anhieb. Obwohl wir noch 1100 Meter hoch sind, ist der Boden schon ziemlich nah. Schließlich sind wir auf unserem Segelflug schon bis zum Einstieg ins Rothaargebirge vorangekommen, der Grund liegt bei 400 Meter. Wir suchen an anderer Stelle, werden endlich fündig. Unter uns kreist noch eine weitere Maschine ein. Wir fliegen weiter. Während Bernhard sein zweites Frühstück zu sich nimmt, steuere ich den Vogel. Bernhard deutet hin und wieder auf eine Wolke, die ihm vielversprechend aussieht und die er anfliegen möchte. Wir tauschen uns aus, welche wohl den besseren Aufwind bietet. Ich halte auf den Cumulanten unserer Wahl zu. Doch kaum einer hält, was Quellung, Fetzen unter der Basis und dunkle Unterseite versprechen. Einfach geradeaus fliegen wie zu Beginn unseres Segelfluges – daran ist nicht mehr zu denken.

Segelflug: St. Hubert
Der Flugplatz St. Hubert in Belgien

Im Siegerland treffen wir auf die ASK25 “Golf Oscar” vom Flugplatz Meiersberg in Heiligenhaus. Freudige Begrüßung über Funk. Bernhard kennt die Piloten, Dieter Beckmann und André Thomas. Wir verabreden, unseren Segelflug gemeinsam fortzusetzen, gehen auf Kurs Richtung Süden. Bernhard hat sich jetzt vorgenommen, Köln zu umrunden und vielleicht auch nach Belgien hinein zu fliegen. Am Flugplatz Siegerland kämpfen wir uns mühsam wieder von 600 Meter über Grund auf 1200 hoch. Die „GO“ kreist im Bart unter uns.

Segelflug in Formation mit der „Golf Oscar“

Segelflug: Spa
Der Ardennen-Rennkurs Spa

Wir fliegen weiter mit Kurs Südwest, wir haben jetzt fast die südlichste Grenze des Luftraums Köln/Bonn erreicht, und klettern bei Hachenburg, südwestlich des Flugplatzes Bad Marienberg um 500 Meter auf erstmals 1800 Meter AMSL, unsere bis dahin größte Höhe. Zur Rheinebene hin wird die Basis wieder fallen. Wir gleiten mit bis zu 170 km/h im Delfinflug Richtung Rhein. Bei Neuwied kreuzen wir in etwa 1300 Meter den Fluss, kreisen kurz ein und weiter geht’s vorbei am Laacher See und dem Segelflugplatz Mönchsheide in Richtung Eifel.

Segelflug: belgisch-deutsche Grenze
Die belgisch-deutsche Grenze nahe Aachen

Wir passieren auf unserem Segelflug die Hohe Acht, links querab liegen Adenau und die Nürburg. Wir sehen aus der Ferne die Formel-1-Boliden auf dem Nürburgring in der Nachmittagssonne blitzen, wie Vettel & Co. Um den Kurs hetzen. Im weiteren versuche ich rechterhand den Flugplatz Dahlemer Binz auszumachen. Ich erkenne die Bundesstraße, nördlich der die Start- und Landebahn liegen muss, aber ich finde sie nicht. Wir passieren Prüm und setzen unseren Segelflug nach Belgien hinein fort.

Volles Haus in Spa / Francorchamps

Segelflug: Kraftwerk Niederaussem "Fortuna"
Wir suchen den Aufwind des Kraftwerks Niederaußem bei Bergheim, das bei Segelfliegern „Fortuna“ heißt

Bernhard verständigt sich mit der „GO“, bis zum Flugplatz St. Hubert zu fliegen. Wir gleiten, nur immer kurz einkreisend, bis zum Flugplatz St. Hubert und drehen hier ab in Richtung Heimat. Über Spa soll es nach Hause gehen. Bei La-Roche-en-Ardenne erreichen wir kurbelnd zweimal über 2000 Meter und damit die größte Höhe des Tages. Bei Spa erkennen wir den Rennkurs. Auch hier ist wie am Nürburgring mächtig was los los. Es fällt uns allerdings schwer festzustellen, was das vorgeht. Die Campingplätze rund um die Rennstrecke sind gut besucht, Bernhard entdeckt ein paar Autos, die um das Rund hetzen.

Segelflug: eine Libelle neben uns
Eine Libelle begleitet uns auf den letzten Kilometern

Weiter geht’s in Richtung Grenze. Kurz vor dem Überflug der von oben gut erkennbaren Kontrollstelle überfliegen wir das Naturreservat Hautes Fagnes-Eifel. Bernhard warnt: „Das da unten ist alles Moor. Wenn du da außenlandest, gehst du unter.“ Nach der Grenze steuern wir auf das Kraftwerk Weißweiler bei Aachen zu. Wir passieren die Anlage in etwas mehr als 1400 Meter. Nur schwaches Steigen ist zu spüren. Hier bekommen wir die Höhe für den Heimflug, zu dem wir uns jetzt entschlossen haben, nicht. Wir kreisen gar nicht erst ein, sondern fliegen weiter Richtung Fortuna, vorbei an den Riesenlöchern des Braunkohletagebaus bei Inden und Elsdorf.

Fortuna hilft unserem Segelflug heim

In Fortuna kommen wir in gut 700 Metern an, zu wenig für einen sicheren Endanflug auf Langenfeld. Uns fehlen rund 500 Meter. Aber diesmal klappt es mit der Industriethermik. Es geht aufwärts. Unter uns steigen eine ASK21 und ein paar andere Segelflieger in den Bart ein. Aus der Höhe sieht es so aus, als seien sie kaum höher als die Kühltürme. Bernhard kommentiert das Manöver: „Was machen die denn da für ‘nen Stunt!?“

Wir klettern bis auf 1400 Meter und fliegen ab und ich steuere Richtung Langenfeld. Ich halte den Vogel auf etwa 130 km/h, Bernhard ermuntert mich: „Nu flieg mal ‘n bisschen schneller.“ Kurz vor dem Rhein bei Dormagen begegnen wir Volker Appel mit seiner Libelle „JF“. Die letzten Kilometer fliegen wir gemeinsam, machen noch ein paar Fotos. In Langenfeld kommen wir in moderater Höhe am Platz an. Bernhard vernichtet im Gegenanflug noch Höhe mit den Bremsklappen. Wir landen zur Halle und beenden einen zwar nicht rekordverdächtigen, aber schönen Flug. Von Langenfeld aus war es an diesem Tag mit 515 Kilometern der weiteste Segelflug.

Wie andere Piloten erzählten, an einem Tag, an dem viele Piloten aus der Winde heraus den Abflug nicht geschafft haben.

Bilder Streckensegelflug>>>